Carsten Lepper – im Interview
Wir Musical-Fans haben dem Musicaldarsteller, Schauspieler und Regisseur Carsten Lepper ein paar Fragen gestellt.
Carsten Lepper schloss seine Ausbildung als Diplom-Schauspieler an der Hochschule des Saarlandes für Musik und Theater in Saarbrücken ab und machte anschliessend eine Musicalausbildung als Vollstipendiat an der Stella Academy in Hamburg.
Nach Engagements am Saarländischen Staatstheater in Saarbrücken in Sigmunds Freude, Doktor Faustus Lichterloh und Eine Nacht im September und an der Freilichtbühne Coesfeld als Tony in der West Side Story, spielte Carsten in der deutschen Erstaufführung von Elisabeth in Essen die Rolle des Luigi Lucheni und erhielt dafür den Kritikpreis als bester Darsteller. Zuvor war er in den Schweizer Erstaufführungen als Alex in Aspects of love und Valentin in Kuss der Spinnenfrau zu sehen.
Es folgten u.a. Engagements in „Titanic“ am Theater Neue Flora in Hamburg, als Raoul in „Das Phantom der Oper“ am Stage Palladium Theater Stuttgart, als Claude in „Hair“ am Stadttheater Pforzheim, als Jack Favell in der Welturaufführung von „Rebecca“ am Raimundtheater in Wien, als Bäcker in „Into the Woods“ in Bozen, als Fernand Mondego in der Uraufführung von „Der Graf von Monte Christo“ am Theater St. Gallen, in der Österreichischen Erstaufführung von „Miss Saigon“ am Stadttheater Klagenfurt (als „Chris“ von der Musicalzeitschrift MUSICALS als einer der besten Darsteller des Jahres 2010/11 ausgezeichnet), als Tony in „West Side Story“ an der Oper Magdeburg, an der Oper Leipzig und am Theater Trier, als Judas in „Jesus Christ Superstar“ am Theater Hagen, als Lord Farquaad in der deutschsprachigen Erstaufführung von „Shrek“ in Düsseldorf und Berlin, als Regisseur Zach in „A Chorus Line“ am Theater Klagenfurt und als Sy in „Bodyguard“ im Musical Dome in Köln.
Bei „Der Graf von Monte Christo“ an der Freilichtbühne Tecklenburg übernahm Carsten auch die Co-Regie. In Wien führte Carsten die Regie bei Andrew Lloyd Webbers „Bleib noch bis zum Sonntag“ und bei „The Last Five Years“ von Jason Robert Brown.
Auch als Synchronstimme ist Carsten im Einsatz – u.a. in der Verfilmung von „Das Phantom der Oper“ als Raoul, als Sir Harry in „Once upon a mattres…Es war einmal auf einer Matratze“ und als Schurke Musicmeister in „Batman“.
Für „The Musical Showroom“ führte er Regie bei der Österreich Premiere von Andrew Lloyd Webbers Musical-Klassiker „Aspects of Love“ – mit Wietske van Tongeren, Karin Seyfried, Abla Alaoui, Ulrich Allroggen, Alexander Sasanowitsch, André Bauer, Jana Werner, Georg Prohazka, Alina Kölblinger und Paul Csitkovics.
Außerdem betreibt er die Künstleragentur BORN MANAGEMENT.
Das Interview wurde im Dezember 2019 geführt.
War es immer dein Ziel auf der Bühne zu stehen oder hattet du einen anderen Berufswunsch?
Seit ich denken kann, wollte ich immer Schauspieler werden. Es gab keine Alternative. Mein Drang auf der Bühne zu stehen war als Kind schon enorm.
Was nimmst du von deiner Ausbildung an der Hochschule des Saarlandes für Musik und Theater in Saarbrücken und in der Stella Academy in Hamburg mit?
Meine Grundausbildung, meine Sprech- und Körperausbildung und natürlich das stetige Gesangstraining, um die Stimme für eine 8-Show-Woche fit zu halten.
Was waren für dich die größten Herausforderungen in deiner ersten Zeit als Darsteller?
Ich lebte immer sehr diszipliniert. Keine Discobesuche, kein Alkohol, keine Drogen etc. Das war easy für mich. Das ich meine Freunde nicht sehen konnte wie ich wollte, war für mich eine sehr große Herausforderung. Dieser Job im Allgemeinen fordert sehr viele Opfer privater Natur. Aber der Dank des Publikums und die Reaktionen machen diese nicht einfachen Zeiten dann wieder erträglich und im Endeffekt auch sehr schön.
Was würdest du jemanden raten, der Musicaldarsteller/-in werden möchte? Eine gute Entscheidung oder lieber nochmals durchdenken?
Ob Schauspieler, Sänger, Tänzer – egal in welcher der Stilrichtungen ein junger Mensch gehen will – ich rate grundsätzlich nie ab – aber ich spreche auch keine Empfehlung aus. Grundsätzlich gilt: Es gibt zu viele DarstellerInnen und zu wenige Arbeitsmöglichkeiten in diesem Gewerbe. Dem sollte man sich bewusst sein und immer daran denken, ein zweites Standbein aufzubauen.
Es muss ja nicht immer auf – es kann ja auch mal hinter, unter, vor oder über der Bühne sein. Das Theater bietet sehr viele Möglichkeiten sich auszutoben. Wenn man als reiner Darsteller 40 Jahre Berufsleben hinter sich hat und immer noch auf der Bühne steht – das ist ein Privileg und sehr selten.
Was braucht man aus deiner Sicht, um im Musicalbusiness erfolgreich zu sein?
Disziplin, Disziplin, Disziplin. Um im diesen Business bestehen zu wollen, ist es ratsam schon früh damit zu beginnen. Sich ausprobieren. Das Kind mit auf die Bühne zu nehmen.
Wie ist es so in Rollen zu schlüpfen? Wie viel Carsten steckt in jeder Rolle?
Ich versuche immer vor allen Dingen eines: Wo finde ich den Humor in der Rolle. Keine Figur ist nur gut oder böse. Eine Figur ist wie sie ist: Ein Mensch (oder manchmal auch Katze 🙂). Ein Mensch hat viele Facetten. Für mich ist der Humor an vorderster Stelle. Lucheni – als Beispiel – nur bösartig und gewalttätig darzustellen wäre extremst langweilig.
Welche Rollen würden dich zukünftig besonders interessieren und warum?
Sicherlich interessieren mich Rollen wie ein Valjean oder Javert in Les Miserables. Ein Phantom wäre auch toll. Das sind alles Archetypen. Ecken und Kanten liegen mir. Ich glaube das liegt daran, dass ich da auch nicht immer „pflegeleicht“ bin und auch mal auf den Tisch haue bzw. mal klar meine Meinung sage. Dennoch sehe ich mich auch sehr in der kreativen Arbeit am Theater. Das ist ein Standbein welches ich ausbauen möchte.
Du bist auch als Synchronstimme im Einsatz. Wie ist das so einer Figur seine Stimme zu leihen, die man nicht selbst spielt?
Das ist eine sehr technische Angelegenheit. Du musst nicht an Deine Interpretation denken, sondern an die des Kollegen auf der Leinwand vor Dir. Die Emotionen kommen automatisch dazu. Das fällt mir dann leicht. Nur die Zeit in der Du Dich bewegst ist nicht „deine“ Zeit, sondern die Zeit des Regisseurs, der Partitur, der Darstellung im Film. Da hat man sehr wenig Freiraum. Aber auch da, habe ich mit den tollen Synchron-Regisseuren eine tolle Arbeit erlebt. Die sind wirklich Meister ihres Fachs.
Als ich den Raoul im Phantom synchronisiert habe wurde mir klar, wie schwierig es war „seinen“ Raoul abzulegen, den ich direkt davor in Stuttgart gespielt habe. Aber der Regisseur Andreas Hommelsheim von BlackBird-Synchron in Berlin hat mir erstmal Freiheiten gegeben und mich nach und nach auf den Track gebracht wo es hingehen sollte. Das war extremst genial.
Du bist auch als Regisseur tätig. Was fasziniert dich an dieser Aufgabe besonders?
Das ich gestalterisch-inhaltlich arbeiten kann. Es fasziniert mich, ein Stück vor sich liegen zu haben – und man ALLE Möglichkeiten hat. Angefangen von der Besetzung, über Bühnenbild, Gestaltung des Lichts, Staging etc. etc. Das ist fantastisch, weil man seine eigene Handschrift auf ein Blatt Papier schreibt und dann zum Leben erweckt, um es etwas pathetisch auszudrücken 🙂
Als Darsteller bist Du oftmals „Ausführer“ einer Idee eines anderen. Das ist auch OK – aber es fasziniert mich mehr diese 1.000 Bauteile selbst langsam zusammenzusetzen um zum Schluss sagen zu können: „Hey, es funktioniert. Das Puzzle ist komplett.“ Als Regisseur musst Du den Gesamtüberblick behalten.
Meine nächste wirklich große Aufgabe steht an. Wir haben vor kurzem von Andrew Lloyd Webber persönlich die Rechte zur Aufführung für die österreichische Erstaufführung von „ASPECTS OF LOVE“ bekommen. Darauf bin ich ein wenig stolz.
Wir spielen in einem sehr intimen Rahmen, genau das was das Stück verlangt, denn es ist ein Kammerstück. Ich bin als Regisseur dort tätig. Da bin ich gerade dabei mit meinem Team alles zu organisieren. Das wird eine wirklich spannende Sache und ich hoffe, dass die Zuschauer kommen.
Für mich schließt sich ein Kreis, denn ich habe selber die Rolle des Alex in der Schweizer Erstaufführung gespielt. Damals haben wir schon immer gesagt: Das Musical mal auf einer kleineren Bühne zu produzieren wäre erstrebenswert und toll. Ich wünsche mir sehr, dass die Zuschauer das Stück am Ende genauso lieben wie ich. Ich bin wirklich sehr verliebt in jeden einzelnen Charakter. Ich sag nur „Wer versteht was Liebe ist?“ … in dieser Frage steckt schon eine Menge drin – und es wird sicherlich sehr emotional.
Was möchtest du in 10 Jahren gerne machen? Bist du dann noch auf der Bühne oder machst du vielleicht einen komplett anderen Job?
Da dieser Job in einem stetigen Wandel ist, wäre ich sehr gerne weiterhin in diesem Job tätig. Gerne wäre ich als Regisseur oder Intendant unterwegs. Tolle Teams zusammenzustellen, die kreative und spannende Produktionen auf die Bühne bringen. Zwischendurch immer mal wieder als Darsteller – das wäre großartig.
Was hältst du von Social Media? Zwingend notwendig für eine/n Künstler/in?
Das ist so ein Thema für mich 🙂 Grundsätzlich: Es ist nicht mehr wegzudenken.
Ich habe noch die Zeit völlig ohne das alles mitgemacht. Das ging auch. Die Zeiten waren ruhiger und nicht so schnelllebig. Dennoch – richtig eingesetzt – ist Social Media ein Mittel schnell mit Menschen in Verbindung zu treten oder – ganz praktisch als Darsteller gesprochen – um eine Theaterproduktion zu promoten. Den Zuschauern wissen lassen wo ich zu sehen bin.
Aber die Katzenvideos und Co. interessieren mich gar nicht. Das ist langweilig und fad. Da das zum Standard geworden ist sehe ich leider auch eine gewisse Abstumpfung in der Gesellschaft. Kriegsbilder folgen auf Hundevideos, esoterische Kalendersprüche auf getötete oder verstorbene Menschen. Das stumpft ab und lässt alles Geschehene irgendwie so „egal“ erscheinen. Das ist extremst schlecht für die Menschheit.
Auf der anderen Seite ergeben sich natürlich auch wieder tolle Möglichkeiten – ob auf künstlerischer oder auch politischer Natur. Demos gegen die Klimawandelpoltik, gegen korrupte Staatsregierungen etc. Da hat Facebook und Co. schon eine Menge politische Bewegungen angestoßen. Ich bin selber in Instagram und Facebook zu finden, versuche aber meine Aktivität auf rein berufliche Dinge zu beschränken.
Wie stehst du generell zum Thema „Vermarktung“ deiner Person? Wie wichtig ist Marketing und Kommunikation für dich als Musicaldarsteller?
Ohne Marketing funktioniert gar nichts. Wenn der andere Mensch nicht weiß, wer ich bin oder was wann wo stattfindet – dann kommt er nicht und ich sitze im Theater alleine auf meiner Bühne und schaue in einen leeren Zuschauerraum. Für mich ist dieses Thema sehr wichtig, weil ich mich selber auch als eine Art „Produkt“ sehe.
Es gibt Menschen, die kommen hunderte oder tausende Kilometer gefahren, um eine bestimmte Theaterveranstaltung zu sehen, in der ich spiele. Das ist großartig und ich kommuniziere mit diesen Menschen auch immer wieder und gern.
Für mich ist ein geregeltes und gezieltes Selbstmarketing unabdingbar für diesen Beruf. Und das macht mir auch Spass. So zum Beispiel auch gerade dieses Interview was ich führe. Ich bin dankbar für diese Möglichkeiten und freue mich, dass sich Menschen für mich als Künstler und für das was ich tue interessieren.
Wie wichtig sind „Fans“ im Musicalbusiness und wie sind deine bisherigen Erfahrungen mit Fans?
Ich hatte fast immer nur gute Erfahrungen. Vor allen Dingen bei den Großproduktionen stehen oftmals die gleichen Menschen vor der Bühnentür. Sie kommen, um mich zu sehen, um mit mir einen kleinen Plausch zu halten, um zu sagen, wie toll die Produktion war, die sie gerade gesehen haben. Das ist doch großartig!
Ich freue mich über diese Begegnungen und sie lassen dich als Künstler auch immer wieder ins Außen schauen. Du kommst aus dem Mikrokosmos „Künstler AG“ raus und auf andere Gedanken. Es ist schön positiven Zuspruch zu erhalten. Fans sind wichtig und sind die Brücke zwischen Bühne und Zuschauerraum.
Warst du früher auch mal Fan von einer/m Musicaldarsteller/-in?
Nein – ich bin erst mit dem Musical in Kontakt gekommen, während meiner Amateurtheaterzeit. Da stand ich dann selbst schon in ganz jungen Jahren auf der Bühne. Da ich auf dem Land aufgewachsen bin, es kein Internet gab, hatte ich keine Kontakte zu MusicaldarstellerInnen. Wenn ich heute nochmals ein Kind sein würde, wäre ich sicherlich Fan von so einigen DarstellerInnen und würde ihren Weg beobachten und mir die Beine in den Bauch stehen vor diversen Bühneneingängen.
Augen und Ohren offen halten – sich interessieren für andere Menschen – kreative Momente schaffen für die Zuschauer – das ist heute mein Hauptaugenmerk in meinem Beruf. Alles ist möglich in diesem Beruf. Das ist der Theaterzauber. Oder wie ich immer gerne sage: „Unmögliches wird sofort erledigt – Wunder dauern etwas länger“ 🙂
Danke für die tollen Fragen und Eure Zeit!
„Wir Musical-Fans“ sagen „Danke fürs Gespräch“.
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