UPTEMPO im Gespräch – Adrian Burri im Interview
UPTEMPO e. V., die Initiative zur Förderung hochbegabter Musical-Nachwuchskünstler/-innen, stellt Euch Adrian Burri, Teilnehmer der Musical Academy 2017, im Interview vor.
Wie siehst Du Dein Studium an der UdK Berlin aus heutiger Sicht?
Im Studium erlernt man vor allem die Technik (Gesang, Schauspiel, Tanz). Das Schöne an der UdK ist, dass alles gut ausbalanciert ist. Was aber auch total wichtig ist, ist die Techniken zu verfeinern, im Alltag und in Stresssituationen damit umzugehen. Was ebenso wichtig ist, ist eine eigene Personality zu entwickeln.
Die eigene Personality – wie bekommt man die?
Meiner Meinung nach kommt das durch die Berufserfahrung. Bei mir ist es so, dass ich mittlerweile viel differenzierter singe, spiele und tanze, u.a. auch weil ich eine Managerin habe, die mit mir gezielt daran arbeitet und ich zudem in verschiedensten Stilrichtungen von Musicals spiele. Das heißt nicht, dass ich damit fertig bin. Das ist ja ein andauernder Prozess. Du bist zunächst in einer Blase in diesen vier Jahren im Studium, vom wirklichen Leben abgeschnitten. Es kriegt erst dann alles so eine Festigkeit, einen Boden, wenn Du damit rausgehst. Das bewirkt auch die Besinnungszeit, die Erfahrung, die man sammelt, mit verschiedensten Leuten, verschiedensten Konzepten zu arbeiten.
Wie hast Du die Zeit während der UPTEMPO Musical Academy in Düsseldorf erlebt?
Jetzt im Nachhinein muss ich sagen, hat mir die Zeit extrem viel gebracht. Einerseits den Kontakt natürlich zu den erfahrenen Künstlern zu bekommen, die da waren. Z.B. habe ich da Hardy Rudolz kennengelernt und wir haben uns sehr gut verstanden. Wir haben daraufhin zusammengearbeitet, ich habe für ihn gespielt und Regieassistenz gemacht. Dieser Kontakt ist tatsächlich durch UPTEMPO entstanden.
Zudem kam die Schauspielarbeit mit Stefan Huber, auf die ich gerne zurückschaue. Er hat mir ein paar Tipps gegeben, an die ich immer wieder denke. Auch in einer Woche mit Christian Stadlhofer eine Show mal schnell auf die Beine zu stellen, die dann auch gut ist, ist eine schöne Herausforderung gewesen. Grundsätzlich war es einfach mega cool, neue und wichtige Leute kennenzulernen und mit denen heute noch Kontakt zu pflegen. Kontakte zu knüpfen und pflegen ist von Anfang an der Karriere sehr wichtig! Diese Menschen konnten mir für die Zukunft sehr viel mitgeben.
Was waren für Dich die größten Herausforderungen in Deiner ersten Berufszeit?
Ich hatte das Glück, dass ich von Produktion zu Produktion verschiedene Erfahrungen sammeln konnte. So konnte ich in der ersten Produktion zwei Hauptrollencovers spielen und musste dann – weil es eine Tournee war – jeden Abend „zack“ auf einer neuen Bühne spielen, mit verschiedensten Umständen. Das förderte sehr die Spontaneität. BACH DER REBELL, wo ich Johann Sebastian Bach spielte, war bis heute die größte Herausforderung für mich. Da war ich zwei Stunden permanent als Titelfigur auf der Bühne und habe eine Figur gespielt, die jeder kennt. Ich musste mich sehr mit Bachs Persönlichkeit und Biographie auseinandersetzen, um mir ein eigenes Bild von ihm zu schaffen. Besonders von seinen ersten 25 Lebensjahren, von denen wiederum nicht so viel bekannt ist. Dies war eine schöne und lehrreiche Herausforderung!
Überhaupt große und charismatische Rollen zu spielen bereichert mich sehr und ist das was ich vor allem tun möchte. Denn da kann ich meine ganze Leidenschaft zum Theater ausbreiten.
Was würdest Du jemandem mitgeben, der sich für das Musicalstudium interessiert?
Man sollte sich für die Bewerbung vor allem Repertoire aussuchen, mit dem man sich total wohl und sicher fühlt. Sehr ehrlich zu sich selber sein, das ist immer wichtig im Beruf. Sich wirklich einzugestehen, das kann ich, das kann ich nicht. Man muss etwas haben, mit dem man brillieren kann. Sachen, die einem liegen, die einem Spaß machen. Vor allem die Dinge, in denen Du Deine Personality reinbringen kannst. Ich finde bei der Aufnahme geht es sehr darum, ob der Bewerber eine spannende Persönlichkeit für die Bühne mitbringt. Ist er im Reinen mit sich? Weiß er, wo seine Stärken, seine Schwächen liegen? Weiß er, wie er sich spannend verkaufen kann? Technik kann man lernen, aber Persönlichkeit, Charakter zu lernen, das ist schwierig.
Was machen das Studium und der Beruf mit einem?
Man muss ein sehr großer Freund von Reisen sein. Man muss immer wieder bereit sein, sich zu bewerben. Es ist überhaupt kein sicheres Berufsfeld. Alle drei bis vier Monte wechselt meistens der Job. Man muss sich bewusst sein, dass man auch mal nichts hat. Man muss immer wieder von vorne anfangen, bei jeder Bewerbung, bei jeder Audition. Man ist immer überall, aber nie zuhause. Das muss man mögen. Einerseits hat es sein Schönes: man kommt herum, lernt viele neue Leute kennen. Andererseits gerade im Thema Beziehung, muss man sich gut arrangieren. Ich habe eine ganz tolle Freundin, mit der das klappt, aber man muss dem gewachsen sein. Daher schlage ich auch jedem vor, vorher einen Erstberuf erlernt zu haben, auf den man zurückgreifen kann. Ich habe u.a. Restaurationsfachmann gelernt und habe gewisse Hotels in Berlin, auf die ich immer wieder zurückgreifen könnte. Ergo, ich muss nie ins Arbeitsamt rennen. Psychologisch vereinfacht Dir das auch vieles.
Wo siehst Du Dich in 5 Jahren (oder in 10 Jahren)? Hast Du eine Vision?
Mein oberstes Ziel ist wirklich, in dem Beruf zu arbeiten und so verschiedenst wie möglich aufgestellt zu sein; Konzerte, Film, Operette …. Wo ich mich auch mal sehe, wäre Schauspiellehrer, weil ich sehr an diesem psychologischen Moment interessiert bin und dem Erarbeiten von verschiedensten Figuren. Da habe ich wirklich Lust drauf, Menschen etwas mitzugeben und mit Ihnen gemeinsam Rollen zu entwickeln. Aber dazu muss ich selbst noch Erfahrung sammeln, bevor ich mir ein eigens Konzept erarbeite und anderen was auf den Weg mitgebe.
Von welchen Personen lernst Du heute noch am meisten?
Mit wem ich natürlich intensiv an mir arbeite, ist meine Managerin Alina Gause. Sie ist selbst Darstellerin, dazu Gesangslehrerin, Psychologin usw. Mit ihr erarbeite ich u.a. das Material für Auditions und nehme Unterricht bei Ihr.
Welche Rolle möchtest du unbedingt mal spielen?
Es gibt für mich nicht die Rolle, aber ein bestimmtes Fach: die ganzen Musicals, die aus den 30/40er Jahren stammen oder in dieser Zeit spielen. Kurz gesagt: alles was Steppen und Jazzmusik beinhaltet!
…mit denen du auch schon öfter aufgetreten bist in Konzerten.
Ja, genau! (lacht)
Welches ist dein Lieblingsmusical und warum?
Es gibt tatsächlich eins: FOLLIES. Ich hab´s gerade erst frisch in London gesehen. Ich finde es sehr beeindruckend. Natürlich die Musik, Story, Tänze. Aber was ich ganz toll finde ist, dass die Hauptrollen (ca. 10 Darsteller) grundsätzlich alle älteren Semesters sind, 60 +, die eine Energie und Präsenz auf die Bühne bringen, die sauber schwierige Choreos tanzen und großartig singen und spielen und das meist acht Mal die Woche. Es ist unglaublich, wie viel Du als Zuschauer von diesen Darstellern an Leidenschaft und Professionalität kriegst.
Was hältst du von Social Media? Zwingend notwendig für eine/n Künstler/in?
Ob´s zwingend notwendig ist, kann ich nicht sagen.
Ich habe Insta und FB und ich benutze das wirklich rein aus beruflichen Gründen. Den ein oder anderen Job habe ich wirklich über FB oder Instagram bekommen, z.B. für Konzerte oder Anfragen für Produktionen.
Hast Du ein großes Vorbild?
Nein, also Fan von jemandem Bestimmten bin ich nicht. Ich bewundere Leute, die mich als Zuschauer total abholen und bei denen ich wirklich mit dem Darsteller/der Rolle mitlachen oder mitweinen kann.
Wenn Du einen Wunsch in Bezug auf Deine Karriere frei hättest, welcher wäre das?
Eine bestimmte Zeit reisefrei leben! (lacht) Mein Wunsch wäre, endlich mal in Berlin zu arbeiten, dass ich eine Zeit lang mal wieder zuhause sein könnte. Ich nehme jetzt auch nur noch Sachen an, die ab Oktober/November starten. Ich war jetzt eineinhalb Jahre nicht wirklich in Berlin. Ich will jetzt einfach mal wieder zuhause sein, mache einfach mal eineinhalb Monate freiwilligen Urlaub.
Das wird sicher nicht ganz tatenlos sein.
Um ganz ehrlich zu sein, nein (lacht). Ich bin bei ein paar Konzerten dabei, aber es ist alles in Berlin, so kleine Sachen. Natürlich werde ich nicht nur herumliegen, aber mal da sein, sich Zeit für Freunde nehmen, einfach entspannen. Ich glaube, das ist es, das man oft vergisst in dem Beruf, wenn es gut läuft: sich frei zu nehmen.
Mehr Infos zu Adrian Burri
Adrian Burri ist gebürtiger Schweizer und Wahlberliner. Nach dem Abschluss seines Studiums Musical/Show an der Universität der Künste in Berlin im letzten Jahr war der junge Schauspieler, Baritenor und Stepptänzer bereits als Johann Sebastian Bach in BACH DER REBELL am Theater Arnstadt und als Piccolo in IM WEISSEN RÖSSL in Malentes Theaterpalast in Bonn zu erleben.
Aber auch als Cover Biest und Gustav in DIE SCHÖNE UND DAS BIEST stand er bereits in Walenstadt (CH) auf der Walenseebühne sowie in der letztjährigen deutschsprachigen Tourneefassung. Neben dem Musical gilt seine Leidenschaft dem Jazz in der Zeit der großen Big Bands und so ist er immer wieder auch als Solist beim “Ronny Heinrich Orchester” zu hören.
Zur Zeit gastiert er bei den Luisenburg Festspielen Wunsiedel in GREASE und in MADAGASCAR.
Du findest Adrian Burri auch auf Facebook und Instagram.
Fotocredit: alle Portraits von Sabine Hillbrand
Das Interview führte Andrea Beumer, Mitbegründerin von UPTEMPO e. V.
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